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„They tried to bury us“ – Koloniale versus dekoloniale Perspektive

Über 100 Jahre ist es her, der Völkermord an den Ovaherero und Nama in Namibia, ein Stück der deutschen Kolonialgeschichte, das oft verschwiegen oder überspielt wird und erst 2021 von der deutschen Bundesregierung als tatsächlicher Völkermord angesehen wurde. Zwischen 1904 und 1908 wurden etwa 70.000 Herero getötet, circa 80% der Gesamtbevölkerung, bei den Nama etwa jeder zweite.

Ein sogenannter Herero-Stein von 1907 steht am Columbiadamm in Berlin-Neukölln. Dieser Stein erinnert aber nicht an den Völkermord an den Herero und Nama. Anstatt den Herero und Nama Respekt zu zollen, werden sie gar nicht erst erwähnt, stattdessen erinnert der Stein an sieben deutsche Soldaten, die am Feldzug in Südwestafrika freiwillig teilnahmen und somit einen angeblichen Heldentod starben. Nicht einmal die in 2009 beigefügte Gedenkplatte erwähnt die beiden Völker, der Grund für ein dringend notwendiges Mahnmal wird bloß durch Aktivist*innen klar, die den Stein mit roter Farbe beschmiert, die an Blut erinnern soll, und mit der Aufschrift: „Kein rassistisches Gedenken für Nazis und Völkermörder“ verziert haben.

Im Vergleich zu diesem kolonialen „Mahnmal“ gibt es seit November letzten Jahres die Ausstellung „Buried Memories“ im Museum Neukölln, die von der namibischen Künstlerin Isabel Tueumuna Katjavivi und dem Museumsleiter, Herrn Dr. Henkel gemeinsam kuratiert wurde.

Die raumfüllende Installation „They tried to bury us“ besteht aus realistischen Masken, die teils zerbrochen in einer Fläche Sand vergraben liegen. Sie erinnern teilweise an die vielen Menschen, die von deutschen Truppen zum Verdursten in die Omaheke-Wüste vertrieben wurden, aber vor allem werden durch die Kunstinstallation den 70.000 gefallenen Menschen endlich ein Gesicht gegeben. Durch die verschütteten Masken werden dazu noch metaphorisch die verdrängten Erinnerungen repräsentiert, die Deutschland in den vergangenen 120 Jahren so sehr verstecken wollte.

Bereits am zweiten Tag unseres deutsch-namibischen Austausches, am 8.11.23, zeigte uns der Museumsleiter Dr. Henkel die Ausstellung „Buried Memories“ gleichsam als Auftakt für unsere Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte und ihrer Erinnerung daran.

Dazu kamen wir in einem Workshop im Geschichtsspeicher mit dem Historiker Dr. Zeller ins Gespräch. Wir sprachen über die Kolonialgeschichte im damaligen Deutsch-Südwestafrika, den Völkermord und die Erinnerung daran in der Bundesrepublik Deutschland und Namibia.

Dr. Zeller, der als Jugendlicher zusammen mit seinen als Missionare tätigen Eltern aus der DDR nach Namibia kam und der eben von einer  seiner zahlreichen Namibiareisen zurückgekehrt war, zeigte uns verschiedene Denkmäler aus Namibia und der Bundesrepublik.

Eine längere Diskussion entspann sich über das Independence Memorial Museum in Windhoek, das von Koreanern geplant und konzipiert wurde.

Engagiert trat unsere Austauschschülerin Faith dafür ein, dass Namibier*innen  selbst ihre Geschichte und die Erinnerung daran in die Hand nehmen und namibische Künstler*innen und Historiker*innen für die Ausgestaltung engagieren sollten.

In der Ausstellung „Buried Memories“ ist solch ein multiperspektivischer Erinnerungsort bereits entstanden, doch was soll mit dem Stein gewordenen kolonialen Blick geschehen? Auch dazu haben wir kontrovers diskutiert. In der Begleitveranstaltung „Quo vadis? „Herero-Stein“? am 31. Januar 2024 wird dieser Frage mit einer Podiumsdiskussion, zu der auch die gesamte Stadt- und Zivilgesellschaft eingeladen ist, weiter nachgegangen.

 

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